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Nr. 182
Canadian Brass in der Leuchtenstadt!

Charles Daellenbach

Es ist der 1. Oktober 2005. Nervös laufen Sie in Ihrem Zimmer des Hotels Schweizerhof Luzern auf und ab. In knapp zwei Stunden sollen Sie und Ihre vier Bläserkollegen auf der Bühne des Kultur- und Kongresszentrums Luzern stehen. Seit Wochen ist das Konzert im Rahmen des 7. World Band Festivals Luzern ausverkauft. Canadian Brass – das bekannteste und erfolgreichste Blechbläserquintett der Welt - hier in der Leuchtenstadt!

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1970 haben Sie es zusammen mit Posaunist Gene Watts gegründet. Mehr als 60 aufgenommene Tonträger, zahlreiche Preise und Auszeichnungen und über 5000 Aufritte und Konzerte – doch heute Abend könnte es zu einem Fiasko kommen! Angespannt schauen Sie aus dem Fenster, hinunter auf die belebte Strasse. Wo bleiben sie nur? Die Zeit läuft Ihnen davon...

Was ist passiert? Ihr Flug von Toronto nach Zürich verläuft problemlos. So scheint es zumindest. Bei der Gepäckannahme dann der Schock:

«Ihre Yamaha C-Tuba ist nicht hier, sondern fliegt noch immer irgendwo im europäischen Luftraum herum.»

Der Veranstalter des World Band Festivals weiss Sie nach anfänglicher Panik zu beruhigen: „Keine Sorge, da Yamaha Hauptsponsor des Anlasses ist, wird man sich umgehend um einen Ersatz kümmern.“ Doch kurz darauf die nächste Ernüchterung: in ganz Europa gibt es nur zwei Exemplare dieser Spezialanfertigung Ihrer C-Tuba. Während eine nicht auffindbar ist, kann die Zweite in Frankfurt lokalisiert werden. Am Telefon schildert man dem Besitzer die prekäre Sachlage. Sofort ist dieser bereit, seine Tuba zur Verfügung zu stellen. „Es ist mir eine besondere Ehre, wenn ein Superstar wie Chuck Daellenbach von Canadian Brass auf meinem Instrument spielt“, freut er sich.

Schnellstens wird ein Taxi organisiert, das die insgesamt 700 Kilometer Hin- und Rückweg bis heute Abend zurücklegen soll. Es fährt jedoch nie los, da letztendlich die Frankfurter Tuba nicht benötigt wird. In der Zwischenzeit hat Ihnen nämlich Air Canada mitgeteilt, dass Ihre C-Tuba wieder aufgetaucht sei, und mit der nächsten Maschine erst nach Zürich, und von dort ins KKL Luzern gebracht wird. Voraussichtliche Ablieferung: 17.00 Uhr.

Das war vor einer Stunde. So schön Ihr Zimmer auch ist, Sie halten es hier nicht mehr aus. Sie trommeln Ihre vier Quintett-Kollegen zusammen und genehmigen sich alle einen Whiskey an der Bar, um die Nerven zu beruhigen. Das Problem bei einer kleinen fünfköpfigen Besetzung ist nämlich: kann einer nicht spielen, muss das Konzert abgesagt werden. Die Uhr tickt... und tickt... und tickt.

Dann, um 18.45 Uhr, genau 45 Minuten vor dem Auftritt, stürmt der Concierge zu Ihnen an den Tisch mit der Meldung, die Tuba sei soeben im KKL eingetroffen! Was für ein Krimi!

19.35 Uhr. Im obligatorischen Frack und mit weissen Turnschuhen beginnen Sie zusammen mit Gene Watts (Posaune), Bernhard Scully (Horn), Stuart Laughton und Justin Emerich (beide Trompete) Ihr Konzert mit „Just a Closer Walk“.

Alle Anspannung ist verflogen. Das Publikum ahnt nichts von den letzten aufreibenden Stunden und gibt sich ganz Ihrer beispiellosen Bühnenperfomance hin, die herausragende Konzertmusik mit fein dosierter Unterhaltung verbindet. Sie spielen Ihre Standards wie Frescobaldis „Toccata“, aber auch neue Kompositionen wie die „Santa Barbara Sonata“, die Bramwell Tovey eigens für Ihr Quintett schrieb.

Der grösste Applaus aber erschallt bei Ihren „Klassikern“: Bei „Saints Halleluja“, einem Mix aus Händels „Halleluja“ und dem Gospelsong „When the Saints“, und mehr noch bei der zehnminütigen Kurzversion der Bizet-Oper „Carmen“, in der Sie den Stier geben; das trägt Ihnen vom Publikum eine Standing Ovation ein. Ihre schauspielerischen Einlagen sind längst Kult und gehören genauso zu Canadian Brass wie Ihre Instrumente. Gut, dass diese heute Abend auch dabei waren.

P.S.: Das Hotel Schweizerhof Luzern ist seit Jahren Partner und Festivalhotel des World Band Festivals, dem internationalen Musikfestival für Brass, Blasmusik und Show Bands. Dieses fand 1999 zum ersten Mal im Kultur- und Kongresszentrum Luzern statt. Vom 14. September bis 2. Oktober 2005, also zum Zeitpunkt unserer Geschichte, spielten über 1’000 Musikerinnen und Musiker auf den diversen Bühnen in Luzern vor mehr als 16’000 Besuchern.

Mittlerweile hat es mit rund 21'000 Besuchern den Status des „grössten und bedeutendsten Festivals Europas für bläserisches Musizieren“ erlangt. Manche ihrer Musiker schlafen und speisen im Hotel Schweizerhof Luzern.

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